Russisches Doppeljubiläum in Wiesbaden:

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Von Elisabeth Hellenbroich Am 10. November fand in Wiesbaden anlässlich des 160- jährigen Bestehens des russischen Friedhofs auf dem Neroberg eine vom HERUS e.V. (Hessisch-russischer interkultureller Austausch und humanitäre Hilfe) organisierte Jubiläumsfeier im Wiesbadener Kurhaus statt. Auf der sehr gut besuchten  Veranstaltung sprachen u.a. der HERUS Vorstandsvorsitzende  Dr.Alexander de Faria e Castro; Wadim Danilin, Botschaftsrat der Botschaft der Russischen Föderation (Referat für Kultur); als Vertreter des Erzbischofs Mark von der Russisch-Orthodoxen Kirche Graf  Michail Ignatieff;  die Historikerin und Autorin des sehr beeindruckenden Buches „Gräber erzählen Geschichte“ Prof. Marina Werschewskaja; ein Vertreter der Stadt Wiesbaden und ein Vertreter des Wiesbadener Kur- und Verkehrsvereins Herr Michel sowie Studiendirektor Holger Stunz vom HERUS Vorstand.   HERUS Vorstandsvorsitzender Dr. Alexander de Faria äußerte sich bei seiner Begrüßungsrede zuversichtlich über die Zukunft der russisch-amerikanischen und russisch-deutschen Beziehungen. Er drückte die Hoffnung aus, dass sich der Dialog und die Kooperation mit Russland, insbesondere auf kulturellem Gebiet intensivieren werde. Auf dem Hintergrund der stürmischen Zeiten, welche wir derzeit global erleben, wirkte die Rede des russischen Botschaftsrats Danilin betont sachlich, auf die geschichtliche Kraft der Kultur vertrauend. Danilin nannte Wiesbaden eine Stadt, welche beispielhaft sei für eine funktionierende deutsch -russische Bürgerzusammenarbeit und betonte, dass dieser kulturelle Austausch in der Zukunft  an Bedeutung gewinnen werde. Wenn die Medien die „Sanktionssprache“ wählten, so Danilin, dann bilde Kultur eine Brücke zur Völkerverständigung. Als Beispiel für deutsch-russischen Kulturaustausch auf Bürgerebene, an dem  Gemeinden, Kommunen, Städte und Stiftungen beteiligt sind, wies er auf die Bedeutung des russischen Komponisten Anton Rubinstein hin. Es handelt sich um den berühmten russischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten (1829-1894), der das erste russische Musikkonservatorium in St. Petersburg gründete und einige Jahre als Kapellmeister und Generalmusikdirektor in Berlin wirkte.  In der sibirischen Stadt Tjumen, berichtete Danilin, seien  vor einiger Zeit Werke dieses  Komponisten aufgeführt worden und wies auf eine Uraufführung von Rubinsteins Oratorium  Christus – es war 122 Jahre lang verschollen- das am 11. November im Berliner Admiralspalast aufgeführt werden sollte. An der Aufführung beteiligt waren das sibirische Orchestra Chamerata und die Chorkapelle der Tjumener Philharmonie unter Leitung von Anton Scharojew. Der russische Botschaftsrat berichtete von konstruktiven Gesprächen, die er mit den für Kulturfragen in Wiesbaden Verantwortlichen und auch auf Bundesebene mit Prof. Grütters in Berlin geführt habe. Für das Jahr 2017 kündigte er eine Ausstellung im Deutsch-Historischen Museum zu dem Thema 100 Jahre russische Revolution und die Folgen der Oktoberrevolution auf die Kultur an. Für das Jahr 2018 seien Veranstaltungen über das Thema 100 Jahre Weimar geplant. Großes Interesse weckte bei der Veranstaltung der Lichtbilder -Vortrag der aus Petersburg stammenden  Historikerin Prof. Marina Werschewskaja. Sie ist Autorin des Buchs Gräber erzählen Geschichte. Die russisch-orthodoxe Kirche der hl. Elisabeth und ihr Friedhof in Wiesbaden. (Hrsg. vom Kur- und Verkehrsverein Wiesbaden e.V.)  Ausführlich ging Werschewskaja  auf die in den letzten Jahren durchgeführte Restaurierung des russischen Friedhofs und dessen Parkanlage ein. Sie berichtete über ein Grußwort der Petersburger Golyzin Bibliothek an die Veranstalter im Kurhaus , in welchem große Wertschätzung für die von Prof. Werschewskaja geleistete Arbeit über die Geschichte des russischen Friedhofs zum Ausdruck gebracht wurde. Werschweskaja war neben ihren zahlreichen Forschungsarbeiten in den letzten Jahren u.a. an dem von HERUS im Jahre 2013 herausgegebenen Buch  Die Russische Kirche in Wiesbaden – Wahrzeichen der Verbundenheit beteiligt.   Das „russische“ Wiesbaden Die Lektüre von Werschewskajas  Buch vermittelt in der Tat einen äußerst interessanten Einblick in die Geschichte der deutsch- russischen Beziehungen in Wiesbaden. Mitte des 19. Jahrhunderts war Wiesbaden einer der bekanntesten Kurorte in Europa und  wichtiges Zentrum der Begegnung für viele bedeutende russische Schriftsteller, Wissenschaftler, hochrangige Diplomaten und Militärs. Die Sprache des Russischen war dank der vielen Gäste, die alljährlich nach Wiesbaden kamen, allgegenwärtig. Zu den berühmten Russen, welche die Stadt besuchten oder teilweise dort lebten, gehörten die Zaren Alexander II und Nikolaus II mit den Zarinnen, die Großfürstin Jelena Pawlowna und ihre Tochter Jekaterina Michailowna.  Zur gleichen Zeit fanden sich auch die bekanntesten Dichter Russlands in Wiesbaden ein. Darunter der berühmte Dichter Iwan Sergejewitsch Turgenjew, in dessen 1870-71 verfasster Novelle „Frühlingsfluten“ die Reflektionen des Dichters über Wiesbaden ihren Niederschlag fanden. Auch F.M. Dostojewskij weilte eine Zeit lang in Wiesbaden, wo er auf Grund seiner Spielleidenschaft sein gesamtes Vermögen verlor. Die Erinnerung daran hielt er in seinem Roman „Der Spieler“ fest. Neben Turgenjew und Dostojewskij hielt sich in Wiesbaden auch der Dichter und Übersetzer Wassilij Andrejewitsch Shukowskij (u.a. übersetzte er Werke von Friedrich Schiller E.H.) auf, ebenso wie ein anderer Puschkin Freund Nikolai Wassiljewitsch Gogol. In Wiesbaden lebte bis zu seinem Tod 1941 der russische Maler Alexej Jawlensky. (Im Jahre 2014 veranstaltete HERUS in Kooperation mit dem Wiesbadener Museum und der Stadt Wiesbaden eine Galaveranstaltung anlässlich der Eröffnung einer Jawlensky Ausstellung  Alexej Jawlensky im Spiegel seiner Zeit. Begegnungen 1900-1914,). In der Stadt Wiesbaden lebte über 40 Jahre die Tochter des berühmten russischen Dichters Alexander Sergejewtisch Puschkin( 1799-1837), Natalie Gräfin von Merenberg, Gemahlin des Prinzen Nikolaus von Nassau, des jüngeren Bruders von Herzog Adolf. In ihrem Salon empfing das Paar häufig Gäste aus Russland. Eine Nachfahrin von Zar Alexander II und Ururenkelin von Natalie Puschkin ist Clotilde von Rintelen, die zweite Vorsitzende des HERUS e.V. in Wiesbaden.   Russische Persönlichkeiten auf dem Friedhof am Neroberg Der Friedhof  für „Rechtgläubige“ (Orthodoxe)  wurde im August 1856 eingeweiht. Hier ruhen, wie die Autorin Werschweskaja in ihrem Buch schrieb “mehrere Generationen von Russen, die im Ausland gelebt haben.“ Darunter namhafte Persönlichkeiten wie  G.A. Fürst Jurijewskij und seine Schwester Olga Gräfin von Merenberg, geb. Fürstin Jurijewskaja, Kinder des Zaren Alexander II.; die Barone Korff; die russischen Diplomaten N.D.Glinka, M.I. Graf Hreptowitsch- Butenew, K.W. Struve; der Schriftsteller und Freund Puschkins N.W. Wsewoloschskij und U.K. Küchelbecker, die Schwester von Puschkins Schulfreund W.Küchelbecker; die Professoren und Wissenschaftler I.I. Janzhul, A.I. Georgijewskij und  der Maler Alexej von Jawlensky. In ihrem Vortrag verwies Werschewskaja auf das Grab von Julia Küchelbecker, eine Schwester des Puschkin Freunds Wilhelm Küchelbecker, ein Klassenkamerad Puschkins aus der Lyzeumszeit des berühmten Lyzeums Zarskojee Zelo, der außerdem aktiv mit an dem Dekabristen-Aufstand  beteiligt war. Graf Ignatieff von der Russisch- Orthodoxen Kirche sprach über den russischen Friedhof und die Begräbnisrituale der russisch- orthodoxen Kirche. Im russisch- orthodoxen Glauben, so Ignatieff, spiele die Idee der Auferstehung eine zentrale Rolle und im Gegensatz zu der in Deutschland und vielen  anderen westlichen Ländern üblichen Urnenbestattung, sei in der russischen Kirche und Kultur das Begräbnis und die Begräbnisfeier, welche den Verstorbenen in seinem Sarg zur letzten Ruhestätte begleite, von einer wichtigen symbolischen Bedeutung.   Studiendirektor Holger Stunz – 15 Jahre HERUS e.V. im Zeitraffer Studiendirektors Holger Stunz vom HERUS Vorstand berichtete am Schluss der Veranstaltung über die Aktivitäten des Vereins in den letzten 15 Jahren. Mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung habe HERUS 2003/4 das erste hessisch- russische Kulturfestival mit zahlreichen Veranstaltungen durchgeführt. Neben dem „Bal russe“ (2005) im Kurhaus Wiesbaden, gelang es HERUS im Jahre 2007, im Rahmen des in Wiesbaden sattfindenden „Petersburger Dialogs“ dank der Unterstützung von Michail Gorbachow und der Hessischen Staatskanzlei, eine Aufführung im Wiesbadener Staatstheater von Goethes Torquato Tasso auf Russisch darzubieten. 2008 wurde von HERUS anlässlich des Petersburger Dialogs in St Petersburg die Ausstellung  Das russische Wiesbaden organisiert.  Im Jahre 2014 fand eine Gala- Veranstaltung zu Ehren des russischen Malers Alexej Jawlensky (1894-1941) anlässlich der vom Städtischen Museum Wiesbaden unter Leitung des Kurators Zieglgänsberger und der Stadt Wiesbaden, organisierten Ausstellung,  Horizont Jawlensky 1900-1914  statt. Es folgten im Jahre 2015  diverse kulturelle Veranstaltungen im „Galli“- Theater“, neben gut besuchten Konzerten mit russischen Künstlern und einer sehr gelungenen Ausstellung zum Thema Das russische Wiesbaden und seine Symbole im Haus der Heimat im Herbst 2015. Der Vortrag machte deutlich, dass die Arbeit des HERUS Vereins trotz politisch angespannten Zeiten es vermocht hat, das Interesse am Kulturdialog zwischen Deutschland und Russland aufrechtzuerhalten und neu anzufachen. [caption id="attachment_8025" align="alignright" width="873"]Russian Orthodox Church Wiesbaden Russian Orthodox Church Wiesbaden[/caption]    ]]>

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